Calw. Abitur und was dann? Ein Schulterzucken und „keine Ahnung“, ist die Antwort vieler Schüler – selbst in den Abschlussklassen. Es ist auch keine leichte Aufgabe, mit 17 oder 18 Jahren die Weichen für die berufliche Zukunft zu stellen. Wer sich jedoch im Vorfeld nicht gründlich informiert und mit falschen Vorstellungen in die Ausbildung oder ins Studium geht, kann Pech haben. Denn nicht selten klaffen Vorstellung und Realität auseinander.
Entsprechend wichtig ist eine frühe Berufsorientierung. Um die Schüler für unterschiedliche Berufsfelder zu sensibilisieren und die Kontaktaufnahme zu Firmen zu erleichtern, startete im Jahr 2010 das Projekt „Vorbilder – Stärken – Kompetenzen“. Umgesetzt wird die Hilfe zur vertieften Berufsorientierung an Gymnasien vom Steinbeis-Innovationszentrum Hochschule Pforzheim im Auftrag des Landesministeriums für Finanzen und Wirtschaft sowie der Agentur für Arbeit Calw. In einem mehrstündigen Workshop werden dazu mit den Schülern Kompetenzanalysen durchgeführt, um die individuellen Stärken und Interessen zu ermitteln.
Das Ergebnis ist die Definition von vier verschiedenen Berufsfeldern für jeden Workshopteilnehmer, die anschließend in der Praxis erkundet werden. „Für uns beginnt damit die Suche nach Berufsmentoren, also Institutionen und Firmen, die den Schülern einen Vormittag lang ihr Unternehmen mit den zugehörigen Berufsfeldern vorstellen“, erläutert Monika Bühler-Wagner vom Steinbeis-Innovationszentrum. Dabei verfolge man den Anspruch, möglichst Firmen aus der Region zu gewinnen.
Aufgrund der guten Rückmeldungen der sechs Schüler, die im vergangenen Jahr die Syntrion GmbH besuchten, begleitete das Steinbeis-Innovationszentrum nun erneut Projektteilnehmer zur Betriebserkundung zum Arzneimittelhersteller in Calw. Ziel des Besuchs war es, den 13 Schülern des Hermann Hesse- und des Enztal-Gymnasiums Einblicke in die Berufsfelder Biochemie, Biologie, Biotechnologie und Pharmazie zu vermitteln. Eigens dafür hatte die Kreisbaugenossenschaft ihren Konferenzraum zur Verfügung gestellt.
Anhand der Herstellung eines Arzneimittels – vom ersten Wirkstoffscreening über die Toxikologie bis zur Bioverfügbarkeit – erläuterte Firmengründer und Geschäftsführer Ronald Ullmann die unterschiedlichen Studiengänge und Berufe, die im Zusammenhang mit der Entwicklung von Medikamenten stehen. Tiefer ins Detail ging es an verschiedenen Stationen, an denen das Syntrion-Team in weitere Geschäftsbereiche wie die Qualitätssicherung, die streng reglementierte Pharma-Zulassung und die Grundlagenforschung im Bereich der Früherkennung chronischer Erkrankungen durch Biomarker einführte.
Schließlich gab Biochemiker Ullmann noch wertvolle Tipps fürs Studium und die Karriereplanung mit auf den Weg: „Wer später in die Wirtschaft gehen möchte, sollte frühzeitig den Praxisbezug herstellen, Stärken im sozialen Bereich entwickeln und sich nicht zuletzt eine gewisse Frustrationstoleranz aneignen.“
Von Marieke Henriques